Ein Blinzeln zum Hahn

Wolfgang Menz über die Nachsicht mit den Macken anderer

Der Turm der katholischen Kirche in Reudnitz erhielt einen neuen Wetterhahn. Er steht jetzt über dem „Campus Lorenzo“. Herzlichen Glückwunsch zur Einweihung dieses beeindruckenden Quartiers!

Hähne auf Kirchtürmen beziehen sich auf eine „Dennoch-Geschichte der Bibel“. Sie erinnern an einen Jünger, der viel von sich erwartete. Zu viel. Jesus versuchte, Überschwang und Selbstüberschätzung zu bremsen: Warte nur, auch du wirst mich verraten. Das geht schneller als du denkst und früher als der Hahn kräht. Am frühen Morgen meldete sich der Hahn. Diesmal löste er bittere Ernüchterung aus: Denn der Jünger hatte sich weggeduckt, als es auf ihn ankam. Enttäuschung. Wut auf sich selbst. Tränen.

Jesus überraschte ihn mit einem Dennoch: Wenn du dich zu mir hältst, dann kriegst du das hin. Dann kann ich mit dir viel bewegen.

Wenn es mich jetzt vom Turm in Reudnitz anblinkt, will ich zurückblinzeln. Du da oben auf dem Turm und ich hier unten auf dem Fahrrad. Wir wissen doch, dass vieles nicht perfekt gelingt. Dennoch – hat Jesus viel mit ganz normalen Menschen vor. Gerade mit ihnen. Wahrscheinlich, weil sie nachsichtiger mit den Schwächen anderer umgehen (könnten). Weil sie den Unterschied zwischen Gott und uns ganz normalen Menschen (hoffentlich) nicht aus den Augen verlieren.

Wolfgang Menz, Sozialpädagoge

Kontakt: kolumne@kirche-leipzig.de

 

Wetterhahn auf der Lutherkirche, Foto: Kirchenbezirk Leipzig