Ubi Caritas

Sebastian Schirmer über Nächstenliebe hier vor Ort

Hunderte junger Menschen sitzen beisammen. Es spielt Musik. Alle singen: “Ubi caritas et amor, ubi caritas deus tibi est”. Beständig wird das wiederholt – “Wo Nächstenliebe und Liebe sind, wo Nächstenliebe ist, da ist Gott”. Und wie sie sich so miteinander einschwingen, wird noch mehr spürbar, als das bloße, gute Beisammensein; bewegt sie mehr, als die Atmosphäre – als würde sich ein Anderer mit einwohnen: “Wo Nächstenliebe ist, da ist Gott”.

So könnte es sich anfühlen, wenn junge Menschen in der Kommunität von Taizé zusammen sind, die gestern 75 Jahre alt wurde. Eine französische Bruderschaft, die sich großer Beliebtheit erfreut und jährlich viele an und in ihren Bann zieht.

Ob es aber nicht auch gelingen kann, dass sich diese gute Art der Gemeinschaft an anderen Orten und besonders an unseren Orten ereignet? Ich glaube schon. Auch wenn es anders und vielfältiger sein mag, als in Taizé. Und ich glaube auch, dass Sie und ich am kommenden Sonntag die Gelegenheit haben, überhaupt die Chance darauf zu wahren, dass sich solche Gemeinschaft, solches Miteinander an unseren Orten ereignen kann. Am Tag, an dem einstmals der 2. Weltkrieg begann und an dem diesmal der sächsische Landtag gewählt wird, denke ich, kann das Lied eine gute Losung sein: “Ubi caritas et amor, ubi caritas deus tibi est”.

Sebastian Schirmer, Evangelischer Pfarrer im Leipziger Osten

Kontakt: kolumne@kirche-leipzig.de

 

Foto: Sandra Hirschke (fundus-medien)

Wunschliste

Monika Lesch über die kleinen und großen Sehnsüchte

In diesen Tagen spielen Wünsche eine besondere Rolle in unserem Familienalltag. Das älteste Kind wird fünf Jahre alt und schon seit Wochen arbeitet es an seiner Wunschliste. Die Liste wurde immer wieder verändert. Aktuell finden sich darauf Dinge, wie eigene Erdbeerpflanzen, ein Buch, am besten über die Feuerwehr, und ein Lego-Feuerwehrboot.

Vor fünf Jahren wurde mein Leben ungemein bereichert. Ich bin Mutter geworden. Seitdem habe ich eine neue Sicht auf die Welt eingenommen und meine persönliche Wunschliste hat sich ebenfalls verändert. Für meine Kinder wünsche ich mir eine gerechte Gesellschaft, in der alle die gleichen Teilhabechancen haben und Kategorien wie Geschlecht oder Herkunft keine Rolle spielen. Dort soll ein wertschätzender Umgang miteinander den Grundtenor bilden, nicht Neid und Unzufriedenheit. Die Frage, wie die Welt in fünfzig Jahren aussehen wird, war mir vorher nicht egal. Mindestens aus dem christlichen Anliegen der Bewahrung der Schöpfung heraus, bewegt sie mich sehr lange. Mit dem Wunsch nach einer Welt, in der meine Kinder noch Ihre Kinder gern großziehen wollen, hat sich die Dringlichkeit, mit der ich dafür eintrete, deutlich intensiviert.

In den nächsten Tagen gibt es so viele Gelegenheiten mit kleinen Maßnahmen die Zukunft mitzugestalten. Was wünschen Sie sich?

Monika Lesch, katholische Gemeindereferentin

Kontakt: kolumne@kirche-leipzig.de

Ein Blinzeln zum Hahn

Wolfgang Menz über die Nachsicht mit den Macken anderer

Der Turm der katholischen Kirche in Reudnitz erhielt einen neuen Wetterhahn. Er steht jetzt über dem „Campus Lorenzo“. Herzlichen Glückwunsch zur Einweihung dieses beeindruckenden Quartiers!

Hähne auf Kirchtürmen beziehen sich auf eine „Dennoch-Geschichte der Bibel“. Sie erinnern an einen Jünger, der viel von sich erwartete. Zu viel. Jesus versuchte, Überschwang und Selbstüberschätzung zu bremsen: Warte nur, auch du wirst mich verraten. Das geht schneller als du denkst und früher als der Hahn kräht. Am frühen Morgen meldete sich der Hahn. Diesmal löste er bittere Ernüchterung aus: Denn der Jünger hatte sich weggeduckt, als es auf ihn ankam. Enttäuschung. Wut auf sich selbst. Tränen.

Jesus überraschte ihn mit einem Dennoch: Wenn du dich zu mir hältst, dann kriegst du das hin. Dann kann ich mit dir viel bewegen.

Wenn es mich jetzt vom Turm in Reudnitz anblinkt, will ich zurückblinzeln. Du da oben auf dem Turm und ich hier unten auf dem Fahrrad. Wir wissen doch, dass vieles nicht perfekt gelingt. Dennoch – hat Jesus viel mit ganz normalen Menschen vor. Gerade mit ihnen. Wahrscheinlich, weil sie nachsichtiger mit den Schwächen anderer umgehen (könnten). Weil sie den Unterschied zwischen Gott und uns ganz normalen Menschen (hoffentlich) nicht aus den Augen verlieren.

Wolfgang Menz, Sozialpädagoge

Kontakt: kolumne@kirche-leipzig.de

 

Wetterhahn auf der Lutherkirche, Foto: Kirchenbezirk Leipzig

Menschen sind ein Schatz

Friederike Ursprung über die wichtigste Botschaft eines antiken Heiligen

Was ist für Sie ein Schatz? Oder: Wer ist Ihr Schatz? Viele sagen ja „Schatz“ zu einem lieben Menschen.

Von so einem Schatz erzählt auch die Legende von Laurentius, an den sich Christen morgen erinnern. Er lebte im 3. Jahrhundert in Rom. Als Diakon der christlichen Gemeinde war er mit verantwortlich für das Geld der Kirche und für die Hilfe für Bedürftige. Christen lebten im römischen Reich damals gefährlich – das bekam auch Laurentius zu spüren: Der Kaiser ließ ihn auspeitschen und forderte von ihm den Schatz der Gemeinde: in drei Tagen sollte er ihn übergeben!

Diese Zeit nutzte Laurentius, um das Geld an die Leidenden und Armen zu verteilen.

Als die Frist um war und er den Schatz rausrücken sollte, präsentierte er dem Kaiser die beschenkten Menschen. Der war empört und witterte Betrug, als er die erbärmlichen Gestalten sah.

„Diese Menschen sind unser Schatz“, erklärte Laurentius – keine Trickserei, sondern seine feste Überzeugung! Dafür wurde er zum Märtyrer.

Menschen sind ein Schatz, auch die, die keine strahlenden Helden sind – für den römischen Kaiser eine unerhörte Behauptung!

Menschen sind ein Schatz, egal wieviel sie zur Wirtschaftskraft beitragen und wem sie mit ihrer Lebensweise und ihren Bedürfnissen ins Weltbild passen oder nicht – daran erinnert die Geschichte von Laurentius auch die Mächtigen und die Bosse von heute.

Friederike Ursprung, evangelische Kirchenredakteurin bei Radio PSR

Kontakt: kolumne@kirche-leipzig.de

 

Foto: Pixabay

Neues Bildheft „Kirchen in und um Leipzig“ ab jetzt erhältlich

Der Ev.-Luth. Kirchenbezirk Leipzig freut sich, die Veröffentlichung einer neuen Auflage des Bildheftes „Kirchen in und um Leipzig“ bekanntzugeben. Das Heft umfasst über 100 evangelische, katholische und weitere Kirchen der Stadt Leipzig und des Umlandes in Bild und Text. Weitere Informationen und Kontaktdaten stehen über einen QR-Code zur Verfügung.

Die farbigen Fotos und informativen Texte bieten einen ersten Einblick in die Vielfalt der Leipziger Kirchenlandschaft. Interessierte Leser erfahren Wissenswertes über die Geschichte, Architektur, Kunstgegenstände und Besonderheiten der verschiedenen Gotteshäuser. Die Kirchen spiegeln dabei auch die bewegte Geschichte der Region wider, geprägt von Ereignissen wie der Völkerschlacht, dem Braunkohleabbau und der Friedlichen Revolution sowie der reichen Musikgeschichte Leipziger Kirchen.

Für neu Hinzugezogene und Gäste bieten die Bauwerke häufig einen ersten Kontaktpunkt zur Gemeinde. Auch alteingesessene Leipziger haben die Gelegenheit, über den „Tellerrand“ ihres eigenen Gemeinde- oder Wohngebietes hinauszublicken und die reiche kirchliche Vielfalt ihrer Stadt neu zu entdecken.

Das Bildheft „Kirchen in und um Leipzig“ kann ab sofort unter www.kirche-leipzig.de/in-leipziger-kirchen als PDF-Datei heruntergeladen oder per Post über oeffentlichkeitsarbeit.leipzig@evlks.de bestellt werden.

Das Heft ist darüber hinaus an verschiedenen Auslagestellen in der Stadt erhältlich, darunter die Touristinformation, der Büchertisch der Nikolaikirche, der Thomasshop, die mdr-Ticketgalerie, das Neue Rathaus und die Musikalienhandlung Oelsner.

 

Foto: Kirchenbezirk Leipzig

Lernen für’s Leben?

Anna-Maria Busch über sinnvolle Bildung

Verzweifelt nehme ich die junge Generation wahr, darüber wie sinnlos sie Schule erleben. Das geht weit über ein „generationstypisches Genörgel“ hinaus. Das ist grundsätzlicher. Sie fragen ernsthaft nach der Sinnhaftigkeit und Lebensbezogenheit der schulischen Bildungsinhalte – zumal in Zeiten von KI und ChatGPT; die Generation Alpha trägt, wie die meisten von uns, das Weltwissen jederzeit verfügbar in der Hosentasche.

Sie werden erzogen zum Bulimie-Lernen: irgendwas, was sie im wahrsten Sinne nicht begriffen haben, sich unter großem Druck in den Kopf hämmern, um es am nächsten Tag in der Arbeit wiederzukäuen und dann wieder zu vergessen. Die nächste Arbeit steht an.

Vom Frust der engagierten Pädagoginnen, Lehrer und Eltern ganz zu schweigen.

Der Physiker und Philosoph Harald Lesch ist hier provokativ klar, wenn er davon spricht, wie das Bildungssystem junge Menschen in Vokabeln und lebensfremden Mathe-Aufgaben einkerkert, weil die wichtigen Fächer wie Kunst, Musik, Sport viel zu wenig unterrichtet werden – ich würde noch ergänzen:  Religion bzw. Ethik.

Diese Fächer sind wichtig, weil sie in Menschen Schöpferkraft und Selbstwirksamkeit wachrufen und nach Werten fragen. Was unsere Gesellschaft mehr denn je benötigt, sind Menschen, die kreativ, gemeinwohlorientiert und kritisch nach Lösungen für die großen Herausforderungen der Gegenwart und Zukunft suchen. Dazu sollte Schule ein, vielleicht sogar der Lern- und Erfahrungsort sein. Das kann ChatGBT nämlich (noch) nicht.

In diesem Sinne wünsche ich allen ein geistreiches und gesegnetes neues Schuljahr.

Anna-Maria Busch, Stadtjugendpfarrerin Leipzig
Kontakt: kolumne@kirche-leipzig.de

 

Foto: Rolf Oeser (fundus-media)